Tag 6 Steilküste Calvi

20.05.2013
Stage 5 Calvi nach Porto
Zwischenstopp Friedhof in der Kirchenruine, dann 5* Tour Steilküste und höchster Pass Col de Vergio
281 km, 6 Stunden 14 Minuten (Echte Fahrzeit: gut über 8h)


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Es ist Montag (komisch wie frustfrei so Montage doch manchmal sein können…), heute geht es nach Calvi und dort die Steilküste entlang nach Porto. Die Anreise ist wieder mal nicht so prickelnd, da die Ansprüche doch erheblich gestiegen sind seit der Ankunft auf Korsika.

Ein kleines touristischen Highlight liegt aber dann doch noch auf der Strecke. In der Google Map als Punkt B markiert. Als Atheist und im Ansatz philosophischer Agnostiker bedeuten mir Kirchen jetzt nicht sooo viel, die hier hat mich aber doch recht begeistert, und sollte ich im stillen Gedenken an Herr Romero oder Herrn Argento  mal einen Zombiefilm drehen… dann würde das Intro ganz sicher hier beginnen.

Das Teilstück nach der Kirche, oberhalb von Moltifao, runter Richtung Calvi kann man mit bestem Gewissen als sehr attraktiv und schön zu fahren bezeichnen. Es gibt eine Menge zu sehen, überwiegend recht ländliche… Dörfer (Käffer darf ich nicht mehr so inflationär gebrauchen), in denen nicht wirklich das urbanes Leben kocht. Versucht nicht die Routes Nationales zu fahren, traut euch einfach mal abzubiegen. Die Anfahrt an der Küste nach Calvi ist schon eine feine Sache. Die Zitadelle, feist und protzig, ist schon von weitem gut zu sehen, großer Hafen, Segelschiffe mit dem einen oder anderen Mast mehr, bischen Jet Set, Prunk und Bonzentum, aber auch die Festung inklusive Kaserne mit der freundlichen, französischen Fremdenlegion. Ich persönlich bin ja jetzt nicht so der Freund von Militär in Städten oder Denkmälern oder so grundsätzlich ausserhalb von Schlachtfeldern. So zitiere ich mal Moses Pelham vom Rödelheim Hartreim Projekt: „Wer den Krieg will, der soll ihn haben.“

Dann die Fahrt von Calvi an der Küste entlang. Das ist ein Stück Küstenstraße was man gesehen haben muss. Nunja es ist halt eine Steilküstenstrassen wie man sie so kennt, ist ja nicht die einzige der Welt, hier auf Korsika.

Es gibt ja noch ein paar andere Küstenstraßen, die meisten sind dann aber leider auch ein Stückchen weiter weg. Zum Beispiel in Südfrankreich, Kroatien, Spanien etc. und dann die, die so richtig weit weg sind. Also die Dinger in den Anden und so Spässle. Sauber in den Fels gehauen, schmal, gewunden, organischer Strassenbau. Typische, warum mache ich einen Mittelstreifen auf die Strasse, wenn eh nur 1 Auto drauf passt? Versteh ich inzwischen, siehe Tag 3 „meine eingehenden Studien dazu“. Merci nochmal an die französischen Strassenbauer. Die Strecke ist einfach unglaublich, von Calvi an weiß man nicht was man machen soll, stehen bleiben, Fotos machen, Schrittgeschwindigkeit mit 40 Sachen, kucken wie es neben dem Moped und hinter der ca. 40 cm hohen Mauer so 200 m runter in die Tiefe geht… oder einfach einen schönen Schnitt fahren und die Strecke dann 2 oder 3 mal fahren um die Eindrücke aufzunehmen und zu verarbeiten. Eitelsonnenschein oder wie meine Oma immer sagte: „Motorradfahrerporno“. Wenn da nicht im Mittelteil, genau dort wo die Strecke nicht so ganz German Autobahn ist, ich einen leichten Abfall in meiner Wohlfühlquote feststellen musste. Das war dann die Strecke, wo selbst ich Mitleid habe mit Leuten die mit ner Harley mit Starrahmen oder anderem Choppergedöns die Strecke fahren oder wo ich mir durchaus vorstellen könnte mal ne Multistrada oder (wenn ich noch 10 Jahre älter wäre) ne KTM Adventure oder ähnliches Seniorengerät zu fahren. Das war dann hart und man denk irgendwann doch „Herr der Strassenbauer, Instandhaltungsinstanz von Frankreich“ lass die Drecksstrasse endlich vorbei sein und unter mir vorüberziehen, ich hab jetzt wirklich keinen Bock mehr, mir rüttelts das Nummernschild, meine Kronen im Mund oder die Blinker ab. Man kommt auch auf keinen Schnitt um die Kurven in der entsprechenden Geschwindigkeit zu fahren, es liegt in den Kurfenaussenseiten ne ganze Menge Schotter, Dreck, Splitt, Sand, ich mein ne ganze Menge Sand und ganz nebenbei noch die 4,835 Millionen Flickstellen im Asphalt, wo die Strasse eher nach ner kanadischen Patchworkdecke für den Winter aussieht.

Es hoppelt und ruckelt und Bämm dann wieder ne Aussicht wie aus dem Bilderbuch. Du fährst eine viertel Stunde nur leicht Berg hoch und bist dann oben und kuckst auf Täler, Buchten und Strände, die sich visuell richtig gewaschen haben und fährst dann auch wieder ne viertel Stunde um riesen Täler rum runter. Die lassen sich Zeit. Das ist nicht so, dass die dort mit Tornante und Spitzkehre versuchen ne Bergflanke im Sturmlauf hochzufahren. Nö, die haben Zeit und Muße. Durch die Täler, das können auch ruhig mal 2 oder 3 sein, schraubt man sich dann für 20 km hoch und 20 km wieder runter. Das ist schon recht willenlos gemacht und erfreut die Hand, die dem Einspritzer sagt was Gaaaaaaaaaaaaaas bedeutet. Die Strecke wird dann auch wirklich wieder besser, und macht erheblich viel Spass zu fahren. Auf Streckenabschnitte, wo es geht, ist ein wirklich guter Schnitt zu fahren (nee kein Yoghurtbecherschnitt, is ja nicht der Sachsenring). Dann gibt es auch wieder die in den Berg rein gefrästen Straßen, wo es dann rechts nur erheblich steil bergab geht.

Und hier meine Empfehlung. Wenn man um Korsika rum fährt, dann sollte man das ganze gegen den Uhrzeigersinn tun. Warum das, frägt man sich das jetzt wissenshungrig. „Da stelle mehr uns janz dumm. Und da sage mer so„:  aussen sieht man besser was in den Kurven so kommt an tieffliegenden, korsischen Autos, italienische Streetfighter bis hin zu diversen Säuen und laufendem Rindersteak. Es liegt weniger Schutt und Dreck vom Berg, der öfter mal so runter kollert, auf der Aussenseite und irgendwie sind Außenseiten besser im Zustand und Beschaffenheit als die Innenseite der Fahrbahn.

Diese Strecke ist ohne Einschränkung empfehlenswert. Da hat Gott, Buddha, Wishnu oder Allah seinen Job als Strassenbauer gelernt und gut gemacht, als er selbst vor langer Zeit mit ner Ducati den Testparcours Korsika gefahren ist.  Auf dieser Strecke gibt es ein par wirklich abgefahrene Gegenden und Strände. 20130520_145540 Auf Porto zu fährt man ne ganze Zeit bergab, an in den Fels geklebte Sträßchen. Und die sind wieder perfekt, der Grip zum Profilerweichen. Porto quetscht sich förmlich in eine Bucht und die Kurven vermehren sich wie die Karnickel in der Stoßzeit (welch gelungen Wortspiel es micht dünkt), und ich bekomme das debile Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht. Gut das ich ein Helm anhab, ich glaub wenn das jemand sehen würde, der würde sich Gedanken machen ob man solch einen sabbernden Kretin weiter auf der Strasse lassen darf. Es ist Kurve an Kurve an Kurve an Kurve. Die Kurven sind zum Teil recht eng und ziehen sich auch zu, aber selbst wenn ein Bus vor dir ist oder die beweglichen Schikanen, du kommst mit dem Moped überall vorbei.

Warum hab ich denn 140 PS? Es gibt wirklich viele Touries in Autos mit inländischen Kennzeichen, diese erkennt man aber direkt an der etwas „verhaltenen“ Fahrweise… Der Korse an sich überholt dich direkt und immer und das auch überall wo es geht oder nicht. Ob die Kurve einzusehen ist oder nicht, mit Renault Clio, Ford Fiesta, Peugeot Kastenwagen, die sind schon schmerzbefreit die Jungs. Herzlichen Glückwunsch Kollegen des kleinen Eilandes. Da waren öfter Situationen, die selbst ich als grenzwertig definiert habe. Aber egal, andere Länder andere Sitten, Verlust gibt es auf jeder Rennstrecke.

Zurück über den Col de Vergio. Es gab vorher auch ne menge Cols, aber da steht jetzt auch nicht immer so direkt ein nicht zerschossenes Schild, an dem steht: „tach, du bist jetzt oben und da hinten gehts dann wieder runter und by the way, ich bin der Col de Trallala“.

  Is aber auch egal, die Cols selbst sind nicht wirklich spektakulär. Der Vergio ist dahingehend spektakulär, da die Anfahrt durch schroffeste Felsen, dolomitenlike geführt wird und du bist da eingezwängt in Täler und Talrücken, fährst langsam und stetig bergan. Du fährst zwar im Gebirge wie sonstwo, nur dass du keinen kurzen Stich hast, sondern du hast echt Zeit, du kannst ne ganz Strecke fahren, es geht kilometerweit seicht bergan, dann wieder etwas steiler und somit ist die Anfahrt das Schönste an dem Col.  Der heilige Sankt Strassenbauer hat sich echt ins Zeug gelegt. Es geht durch Kieferwälder, grosse, hohe, gerade Kiefernstämme, mal keine Kastanien zur Abwechslung, dann wieder Karstgebirge und dann wird es oben auch wirklich richtig kalt jetzt. Echt jetzt, Junge. Alder, Junge.

Nur um es mal zu verdeutlichen, es sind an der Küste so 20 – 25 Grad gewesen, die Sonne hat geschienen als gäbe es kein morgen mehr und das Wasser sah auch schon fast so aus als könnte man da drinnen hinein hopsen tun. Also wo war ich… ach ja, es wurde auch wirklich recht schnell, recht kühl um nicht zu sagen es wurde scheisse kalt. Wie auch bei der letzten Fahrt war ich wirklich recht froh, das zwote paar (inzwischen trockene) Handschuhe dabei zu haben. Das ist der kleine Luxus wenn einer eine Reise tut. Trockene, warme Handschuhe zusätzlich zu den kleinen dünnen Racegriffeln. Die Abfahrt geht eine ganze Strecke lang und führt durch ein langgestrecktes, wirklich abgefahrenes Tal.

Col de Vergio

Col de Vergio, mit Rindfleisch und Landschaft

Auch hier sind die Kurve richtig flüssig und elegant, es swingt sich den Berg hinunter. Nuja, ich bin dann eher im Kurvenpogo hernieder gekommen. Und da macht es dann auch wieder richtig Spaß etwas mehr Gas zu geben, wobei das eigentlich sauschade ist, da man dabei doch einiges verpasst was neben dieser Rennstrecke so alles geboten wird. Aber wie das so ist wenn einer das Stöckchen wirft, dann muss dieser kläffende Pinscher natürlich rennen und das Stöckchen holen. In diesem Falle war das Stöckchen wieder ein Autofahrer und davor waren dann leider, Gott sei Dank, drei oder vier vor mir. Und das geht gar nicht… Auto vor mir, NO WAY. Also offenes Rennen an den Dingern vorbei. (Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, das die Präsenz der Rennleitung im Landesinneren dürftig bis nicht vorhanden ist?).

Grundsätzlich lies sich diese Tagesetappe flüssig fahren, schön dran, schön drum rum. Und wieder ein nicht zu toppendes Fahrerlebniss was so richtig Spaß gemacht hat. Es war auch an einem Tag in der Zeitvorgabe zu schaffen, die Fahrt dann zwar ohne große Pausen zu machen, ab und an mal ein Bild, ein oder zweimal verschnaufen um zu trinken und sich den „Respekt vor der Strasse Schweiss“ abzuwischen. Alles in allem gut 8 Stunden unterwegs, die Anforderung also nicht unterschätzen. Es ist wirklich grob wenn die Straßen sehr schlecht sind und man nicht wirklich mit einer guten Geschwindigkeit vorwärts kommt. Und selbst wenn die Straßen gut sind, wirst du nicht schneller fahren können, weil du ab und an (und je nach Unangepasstheit der Fahrweise) schon etwas aufpassen solltest. Leitplanken gibt es eigentlich nicht wirklich und selbst Mäuerchen sind auch nicht immer zu haben, d.h. ab und zu stehen mal ein paar Steine, so um die 20-30 cm hoch rum, und dann geht es halt dort so bergab in Richtung Meer. Verbremsen sollte man sich tunlichst nicht an einer Steilküste. Falscher Gang, bisschen zu schnell, leicht unterschätzt… Du hast keine Chance irgendetwas gut zu machen an diesem Mäuerchen. Aber he, touristische Fahrweise ist auch nicht das schwarze auf dem Asphalt. Das geht nur mit Gummiabrieb durch Überwindung der Beharrungskraft.

Prost!

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